Die Eltern von Archie, der im Koma liegt, appellieren an alle Instanzen der britischen Justiz, seinen Tod zu verhindern. Erfolglos. Sie setzen dann ihre Hoffnung auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Aber er will sich nicht in die Entscheidung der Richter des Obersten Gerichtshofs einmischen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat einen Notfallantrag auf weitere Beatmung des als hirntot eingestuften 12-jährigen Archie abgelehnt. Der Präsident des EGMR habe heute entschieden, die beantragte einstweilige Verfügung nicht zu erlassen, teilte das Gericht am Abend mit.
Trotz Niederlagen in allen Instanzen der britischen Justiz wollen die Eltern des Zwölfjährigen das Ende lebenserhaltender Maßnahmen nicht hinnehmen. Wenige Stunden bevor die Geräte am heutigen Mittwoch abgeschaltet werden sollten, reichten die Anwälte der Familie einen Antrag beim EGMR in Straßburg ein, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA. „Wir hoffen und beten für eine positive Entscheidung des Gerichts“, sagte Archies Mutter Hollie Dance. „Wir werden Archie bis zum bitteren Ende nicht aufgeben.“
Der Zwölfjährige erlitt im April bei einem häuslichen Unfall – möglicherweise während einer Tiktok-Wage – schwere Hirnverletzungen. Seitdem liegt er im Koma. Die Geräte, die den Jungen in einem Londoner Krankenhaus am Leben erhalten, sollten heute abgeschaltet werden. Im Kampf um das Leben ihres Sohnes haben Archies Eltern in allen rechtlichen Instanzen versagt. Der Supreme Court – das höchste britische Gericht – wies am Vortag einen Antrag zurück, mit dem die Eltern die Fortsetzung lebenserhaltender Maßnahmen erwirken wollten.
Die Richter des Obersten Gerichtshofs sagten, dass die Lebenserhaltung das Sterben nur verlängern würde, da es keine Aussicht auf eine echte Genesung gebe. Der Fall erinnert an ähnliche Streitigkeiten um todkranke Kinder in Großbritannien. Das finanziell angeschlagene britische Gesundheitswesen stellt die Lebenserhaltung oft viel früher ein, als dies in Deutschland der Fall wäre. Zudem werden die Wünsche von Eltern und Angehörigen nicht in gleichem Maße berücksichtigt. Was im besten Interesse des Patienten ist, wird oft von Richtern auf Empfehlung medizinischer Fachkräfte entschieden.