Bei Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst droht ein Eiertanz. Die eine Seite scheint zu viel zu verlangen, die andere will nicht nachgeben. Ein Abschluss ohne Tamtam wäre möglich.
Tarifverhandlungen und ihre Rituale. Beide Seiten gehen wieder einmal sehr weit auseinander in ihren Vorstellungen. Ernsthafte Verhandlungen werden voraussichtlich erst in einer der letzten Verhandlungsrunden stattfinden.
Davor drohen Warnstreiks, die das öffentliche Leben zumindest teilweise wieder lahmlegen. Müll wird nicht gesammelt. Die Busse fahren nicht. Kitas bleiben geschlossen.
Muss es alles sein? Wäre eine schnellere Verständigung nicht möglich, wenn man die Rituale beiseite lassen würde und stattdessen mehr gegenseitiges Verständnis und vor allem ein gewisses Maß an Wertschätzung hätte?
Wer sagt, dass uns die Erziehung unserer Kinder oder die Pflege unserer Alten jetzt mehr wert sein soll, muss – wenn es um den Geldbeutel geht – auch handeln.
Der horrende Anstieg der Lebensmittelpreise, die zuletzt wieder gesunkenen Kosten für Strom und Gas liegen immer noch deutlich über dem Durchschnitt der letzten Jahre, was vor allem die unteren Einkommensschichten trifft.
Deshalb stimme ich dem „Maßstab“, den Arbeitgeber, Städte- und Gemeindebund jetzt fordern, sehr zu. Aber Augenmaß erfordert erst einmal ein Maß. Was sind die Arbeitgeber bereit, den 2,5 Millionen Arbeitnehmern zu bieten? Liquidität knapp oder nicht.
Wir alle wissen, dass die 10,5 Prozent von Verdi eine Behauptung sind, nicht das Ergebnis. Für eine erfolgreiche Verhandlung braucht es jedoch zwei Nummern und die Bereitschaft zur Einigung.
Als Anhaltspunkt für einen ruhigen Abschluss würde die erwartete Inflationsrate für dieses Jahr dienen. Expertenprognosen für 2023 liegen zwischen fünf und sechs Prozent Inflation. Ein Tarifabschluss in dieser Größenordnung erscheint realistisch.
Sechs Prozent mehr Löhne und Gehälter würden in diesen Zeiten nur die Kaufkraft der Arbeitnehmer erhalten.
Kommt es jedoch nicht zu einer Einigung in dieser Größenordnung, müssen sich Arbeitgeber fragen, wie die öffentliche Verwaltung auch in Zukunft Fachkräfte anziehen kann. Tausende Stellen sind bereits bundesweit ausgeschrieben und können nicht besetzt werden.